Mit grösster Begeisterung empfing das Orchester den 32-jährigen Schweizer Dirigenten Simon Gaudenz – seit 2004 musikalischer Leiter des Collegium Musicum Basel. Nicht weniger begeistert applaudierte auch das Publikum am Ende. Simon Gaudenz ist ein Musiker mit Erfahrung, klaren Vorstellungen, sehr präziser und feiner Technik, aber er ist vor allem ein Musiker!
Die Aufführung der 9. Symphonie von Schostakowitsch war signifikant für seine Teilnahme, die schon nach den ersten Takten zum Ereignis wurde. Deutlich spürbar war der Unterschied zu den anderen Dirigenten vor allem hinsichtlich des Umgangs, der Absichten, Ziele und der Führung des Orchesters. Die Kulmination in seiner musikalischen Konzeption war der vierte Satz mit dem freien Fagott-Rezitativ auf dem feinen Streicher-Teppich und dem tragischen Unisono der Posaunen und Trompeten – auch Höhepunkt der ganzen Sinfonie, die alle als eine Art Apotheose für Stalin erwartet haben, den „grössten Sieger des Krieges“. Die Musik aber glüht mit traurigem Lächeln, mit fast deprimierender Zweideutigkeit, aber trotzdem mit „eindeutigem“ vierten Satz. Die grossen Spannungsbögen aufzubauen, gelang dem Schweizer Dirigenten vorzüglich. Sein absolut klares Formbewusstsein überzeugte das Publikum restlos.
Kultur
www.kultura.bg
20. Ausgabe
24. Mai 2006